§623 BGB
§623 BGB
Schriftform der Kündigung
Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.
§623 BGB Schriftform und Klagefrist
Das Kündigungsschutzgesetz knüpft in § 4 Abs. 1 KSchG an den Zugang einer schriftlichen Kündigung gemäß §623 BGB an. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, eine Kündigung sei sozial nicht gerechtfertigt oder aus anderen Gründen unwirksam, muss er gemäß § 4 Abs. 1 des Kündigungsschutzgesetzes innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung (nach Zugang der die Schriftform §623 BGB einhaltenden Kündigung) beim Arbeitsgericht Klage auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist.
§623 BGB Schriftform
Wird die Unwirksamkeit der Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht, gilt die Kündigung gemäß § 7 KSchG als von Anfang an als rechtswirksam. Eine verspätet erhobene Kündigungsschutzklage ist deshalb als unbegründet abzuweisen. Jetzt wird deutlich, aus welchen Gründen jede Kündigung- auch die Kündigung aus wichtigem Grund §626 BGB– auf die Einhaltung der Schriftform §623 BGB zu überprüfen ist. Von ihr hängt insbesondere die Einhaltung der Klagefrist ab, wie in dem folgenden Fall des BAG gezeigt wird.
Bundesarbeitsgericht 2 AZR 858/11
Leitsatz
Im Falle des (formwirksamen) Ausspruchs einer Kündigung durch einen Vertreter ohne Vertretungsmacht beginnt die Klagefrist des § 4 KSchG erst mit dem Zugang der Genehmigung des Arbeitgebers beim Arbeitnehmer.
Tatbestand
- Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer Kündigung der Beklagten geendet hat. In diesem Zusammenhang streiten sie in erster Linie darüber, ob die vorliegende Klage fristgerecht erhoben wurde.
- Die Beklagte betreibt eine Spedition mit etwa 100 Mitarbeitern. Der Kläger war bei ihr seit 2007 als Lagerarbeiter beschäftigt. Am 15. Dezember 2009 erhielt er ein auf Firmenpapier der Beklagten verfasstes Kündigungsschreiben von diesem Tage. Das Schreiben enthält eingangs die Angabe „Unsere Ref.: P. D/sk“ und endet unter der vollständig aufgeführten Firma der Beklagten mit zwei handschriftlichen Zeichnungen. Die linke beginnt mit „ppa.“ und stellt den Schriftzug des Prokuristen V dar. Die rechte beginnt mit „i.V.“ und ist die Zeichnung der Personalverantwortlichen und Handlungsbevollmächtigten P D.
- Am 2. Februar 2010 erhob der Kläger gegen die Kündigung Klage. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 28. Mai 2010 wies er die Kündigung zurück und forderte die Beklagte zur Genehmigung auf. Mit einem von zwei Prokuristen unterzeichneten Schreiben vom 1. Juni 2010, welches dem Kläger am Folgetag zuging, genehmigte die Beklagte die Kündigung vorsorglich.
- Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe die Klage rechtzeitig erhoben, weil keine schriftliche Kündigung vorliege. Die handschriftlichen Zeichnungen auf dem Schreiben vom 15. Dezember 2009 seien keine Unterschriften, sondern lediglich Paraphen. Es habe zudem an der Vertretungsbefugnis der unterzeichnenden Personen gefehlt. Ausweislich des Handelsregisters habe die Beklagte Herrn V lediglich Gesamtprokura erteilt. Frau D sei keine Prokuristin. Sie dürfe ihrerseits zwar zusammen mit dem sog. Business-Unit-Manager kündigen. Herr V habe diese Funktion aber nicht bekleidet. Falls er in Vertretung des Business-Unit-Managers habe handeln wollen, hätte er dies zum Ausdruck bringen müssen. Die Dreiwochenfrist des § 4 Satz 1 KSchG habe deshalb frühestens mit der Genehmigung der Kündigungserklärung begonnen.
Entscheidung
(…)
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4. Das Landesarbeitsgericht hat im Streitfall zu Recht angenommen, die Kündigung genüge der Schriftform (§623 BGB, §126 Abs. 1 BGB).
- a) Die in §623 BGB angeordnete Schriftform der Kündigung soll Rechtssicherheit für die Vertragsparteien und eine Beweiserleichterung im Rechtsstreit bewirken. Durch die dazu von § 126 Abs. 1 BGB verlangte eigenhändige Unterschrift wird der Aussteller der Urkunde erkennbar. Die Unterschrift stellt eine unzweideutige Verbindung zwischen Erklärung und Erklärendem her. Der Empfänger der Erklärung erhält die Möglichkeit zu überprüfen, wer sie abgegeben hat und ob sie echt ist (BAG 24. Januar 2008 – 6 AZR 519/07 – Rn. 11, BAGE 125, 325; 21. April 2005 – 2 AZR 162/04 – zu II 1 der Gründe, AP BGB § 623 Nr. 4 = EzA BGB 2002 § 623 Nr. 4).
- aa) Ob eine eigenhändige Unterschrift vorliegt, hängt nicht davon ab, ob aufgrund der Unterschrift schon bei Zugang der schriftlichen Erklärung die Person des Ausstellers für den Empfänger zweifelsfrei feststeht. Der Aussteller soll nur identifiziert werden können (BAG 24. Januar 2008 – 6 AZR 519/07 – Rn. 11, BAGE 125, 325; BT-Drucks. 14/4987 S. 16). Hierzu bedarf es nicht der Lesbarkeit des Namenszugs. Es genügt ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die eine Nachahmung erschweren. Der Schriftzug muss sich als Wiedergabe eines Namens darstellen und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lassen, selbst wenn er flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist (BAG 24. Januar 2008 – 6 AZR 519/07 – Rn. 11, aaO; 20. September 2006 – 6 AZR 82/06 – Rn. 72 mwN, BAGE 119, 311; BGH 27. September 2005 – VIII ZB 105/04 – Rn. 8, NJW 2005, 3775).
- bb) Die Unterschrift ist von einer bewussten und gewollten Namensabkürzung (Handzeichen, Paraphe) zu unterscheiden (BGH 21. Februar 2008 – V ZB 96/07 – Rn. 8, Grundeigentum 2008, 539; 10. Juli 1997 – IX ZR 24/97 – zu II 1 der Gründe mwN, NJW 1997, 3380). Auch das Gesetz differenziert in § 126 Abs. 1 BGB zwischen einer Namensunterschrift und einem Handzeichen; letzteres wahrt die Schriftform nur im Falle notarieller Beglaubigung. Für die Abgrenzung zwischen Unterschrift und Handzeichen (Paraphe) ist das äußere Erscheinungsbild maßgebend. Der Wille des Unterzeichnenden ist nur von Bedeutung, soweit er in dem Schriftzug seinen Ausdruck gefunden hat (BAG 24. Januar 2008 – 6 AZR 519/07 – Rn. 11, BAGE 125, 325; BGH 22. Oktober 1993 – V ZR 112/92 – NJW 1994, 55).
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b) Danach genügt die Kündigungserklärung dem Schriftformerfordernis nach §623 BGB, §126 Abs. 1 BGB.
(…)
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